Schaurigkeit währt am längsten

Am Freitag den 28. Feb. 2011 kam ich von der Post, wo ich gerade die langersehnte neue CD von Theatres des Vampires abholte in meinem Postfach und musste mich beeilen, um noch die Schnellbahn nach Bern zu erwischen. Auf dem Bahnsteig sah in ein Herr um die 60 Jahre alt mit weiblicher Begleitung, den ich zuerst nicht erkannte bzw. nicht beachtete. Ich bin oft unterwegs und kann Leute anschauen und sie trotzdem nicht sehen, da ich gedanklich völlig woanders bin. Dieses mal wars natürlich die neue CD, die noch im Paketchen war in meiner Hand. Ich freute mich tierisch die Scheibe sobald als möglich zu Hause in den CD- Player zu schieben und loszurocken und dann das Album in den iTunes einzulesen. Der Zug kam, ich stieg ein und der noch unbekannte Herr folgte hinter mir ins gleiche Abteil.

Er sass eine Sitzgruppe hinter mir, sodass wir keinen Blickkontakt hatten. Der Zug fuhr und ich hörte plötzlich die Stimme des Herrn, wie er sich mit der Dame unterhielt. Momentmal…irgendwie….von irgendwo kenne ich diese Stimme?! Aber von wo? Ich bemerkte, dass der Herr auch ab und zu wie ich es tat, über die Sitze schaute. Wahrscheinlich ging es ihm wie mir. Ich dachte „woher kenne ich den?“ Ich begann zu grübeln….mich erinnern probieren und dann ging mir ein Licht auf und konnte die Stimme zuordnen. Vorallem deshalb, da ich zum ersten Mal richtig in sein Gesicht geschaut hatte. Da war mir klar, wer das war und warum ich die Stimme kannte, schliesslich hat sie mich etwa 5 Jahre lang begleitet in einem Abschnitt in meinem Leben. Ich hatte ein Lächeln im Gesicht, dachte „schon krass, nach so langer Zeit triftt man sich dann plötzlich im Zug“. Ich stand auf und ging zu ihm hin und fragte höflich, ob er Herr B. sei? Er lachte mich an und bestätigte dies. Ich merkte, er kannte mich irgendwie, konnte mich aber nicht richtig einordnen. Kein Wunder, damals hatte ich noch Haare auf dem Kopf und sah noch völlig anders aus. Dann gab ich mich zu erkennen, wer ich damals war: „Erinnern sie sich noch, ich war derjenige der immer diese düsteren und mysthischen Sachen überall gezeichnet und gemalt hat?“

Da antwortete er „ahhh ja, er hätte sich waage an mich erinnern können am Anfang, aber jetzt….das mit den düsteren Zeichnungen und Bilder, DAS sei ihm bis heute in bester Erinnerung, er wisse jetzt wer ich sei!“ Herr B. war kein geringerer als mein damaliger Zeichnen- und Kunstlehrer! Und er war jemand, der sich amüsierte an meinen „Kunstwerken“ wie die Medusa aus der griechischen Mythologie, Dämonen aus dem Hades, Vampire oder Gene Simmons von KISS beim Blutspucken. Ich zeichnete und kritzelte überall hin…wirklich überall. Auf Zeichnungen im Unterricht, auf Heftdeckel, Pultdeckel, Notizzettel, Turnschuhe und sogar Wandtafeln manchmal. Mit amüsieren sei gemeint, dass er meine Sachen gut fand und auch mal ein Auge zudrückte, wenn ich öfters mal bischen bei den vorgeschriebenen Themen im Unterricht meine eigene Interpretationen erstellte…..und damit so mancher Mitschüler machmal schockte oder ein grosses Fragezeichen in deren Gesichter bewirkte. Ich erinnere mich noch ganz genau…immer Samstagmorgen gabs Geschichtsunterricht, ich liebte das! Ich hörte gebannt hin wie der Geschichtslehrer über die Römer oder die Ritter und dem Mittelalter erzählte oder vorlas und ich mit Bleistift den Pultdeckel vollzeichnete oder in Hefte kritzelte. Das machte richtig Spass! Ich ging richtig gerne in den Geschichts, Zeichnen und Bio-Unterricht. Zurück im Zug….. Wir wechselten noch paar Worte über damals. Da wir in Bern eingetroffen waren, verabschiedeten wir uns und ich verkündete ihm, dass es mich wirklich gefreut hat nach so langer Zeit und wünschte ihm alles Gute. Schaurigkeit währt am längsten……sogar nach über 20 Jahren.

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